Die Idee "Musik zu den Menschen"

Seit Anfang 2020 beherrscht die Corona-Krise nahezu alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Auch das individuelle Bewusstsein, die Gedanken und Gefühle, Befürchtungen und Hoffnungen vieler Menschen sind von Corona bestimmt. Das kulturelle Leben ist weitgehend zum Erliegen gekommen. 
Im Sommer 2020 war noch Befürchtung, was heute Gewissheit ist: Die Krise wird auf unbestimmte Zeit die Nutzung von Opernhäusern, Theatern und Konzertsälen unmöglich machen. 
Unlängst ordnete die Bundesregierung der "Kulturnation" Deutschland die Kultur dem Freizeitbereich zu, stufte sie somit als "verzichtbar" ein und legte sie ein zweites Mal still. 

Es kann keinen größeren Kontrast zu der hier ausgedrückten mangelnden Wertschätzung geben als die Worte Ludwig van Beethovens, wonach Musik "höhere Offenbarung" ist "als alle Weisheit und Philosophie". Musik ist hier nicht Zeitvertreib, Kommerz und Business. Stattdessen verdichtet sie die Zeit bis zum Moment der Zeitlosigkeit. Ungeahnte innere Kräfte können durch sie freigesetzt werden. 

Aus diesen Gedanken, diesen Erfahrungen entstand im Frühjahr 2020 die Idee: 

"Wenn die Menschen nicht mehr zu den Konzerten gehen können, dann bringen wir die Musik zu ihnen"  
 

So machte es Sinn, zuvorderst für die Menschen zu spielen, die von Corona am meisten betroffen waren und sind: Die alten Menschen in den Heimen, die nun zur Hochrisiko-Gruppe gezählt und isoliert und von ihren Angehörigen getrennt waren und sind. 
Das war der Ansatz, ein Versuch einer Antwort und diese Antwort sollte mit allem Ernst, aller Professionalität und aller Hingabe gegeben werden. 

Stimmen zum Projekt

"Ein einmaliges Erlebnis", "Diese Formation dürfen Sie gleich nochmal engagieren. Begeisterter Dank!" - so lauteten die dankbaren Reaktionen unserer Senioren. 
Zumal die Bedingungen schwierig waren für die Musiker; das Martinshorn, Flugzeuge nach Tegel, hohe Temperaturen, zu wenig Sonnenschirme. 
Doch endlich saßen die Bewohner im Garten unserer Anlage jungen Künstlern direkt gegenüber und alle genossen das in diesen Zeiten so Wertvolle - Augenkontakt, Applaus und die lang vermisste Live-Atmosphäre. 
"Ich war so selig, endlich wieder klassische Musik zu hören, Konzertbesuche fehlen mir so! CD´s haben wir ja, aber live ist eben live! Herzlichen Dank für dieses eindrucksvolle Konzert im Sonnenschein!" 
(Eva Bentzien & Bewohner der Cajewitz Stiftung Berlin) 

Das Projekt war für mich ein sehr intensives und wunderbares Erlebnis. 
Es hat mich berührt, den Menschen, die am meisten unter der Kontaktsperre und Isolation leiden, durch das Konzertieren vor Ort für einen Moment die heilsame Kraft der Musik schenken zu dürfen. 
Ich habe bei den Senioren sehr viel Dankbarkeit und aufrichtige Freude gespürt, was ich in dieser Ehrlichkeit noch in keinem Konzertsaal der Welt erfahren habe. 
Für uns Musiker war es auch aufbauend, nach der langen Zeit des Auftrittsverbots wieder vor Menschen spielen zu können. Ich hoffe sehr, dass dieses einzigartige Projekt im nächsten Jahr fortgesetzt wird. 
(Tobias Noss, Musiker der Kammerphilharmonie Amadé) 

Ein wunderbares Konzert für unsere Patientinnen und Patienten spielte die Kammerphilharmonie Amadé am Sonntag, 30.08.2020 in Herdecke. 
Die musikalische Innigkeit, Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit dieser brillianten Musiker ließ teilhaben an einem berührenden musikalischen Ereignis - da musste dann einfach auch einmal an unüblicher Stelle geklatscht werden! 
Ich fühlte mich als Mitarbeiterin reich beschenkt und wünsche mir sehr, dass die Kranken in ihren Zimmern genauso oder vielleicht ja auch auf ganz andere Weise von der Musik erreicht werden konnten. 
(Eva Brand, Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke)  

Ich habe mich sehr über die Möglichkeit wieder zusammen zu musizieren gefreut! "Stille" Monate für die Musiker sind sehr hart, sowohl finanziell als auch seelisch. 
Gute Musik mit anderen zu teilen ist sehr wichtig für uns. Und besonders berührend war das zu machen für die Menschen, die letzte Monate sehr an Kontaktmangel gelitten haben. 
Da Musik kann auch die Herzen verbinden, hoffentlich war das ein schöner Ersatz für die Senioren, anstatt körperliche Berührungen. 
Die mal leuchtenden, mal weinenden Augen von den Zuhörern haben uns bewiesen, dass wir unser Ziel erreicht haben. 
(Anne Stasevich, Musikern der Kammerphilharmonie Amadé) 

"Besondere Zeiten benötigen besondere Taten!" 
Genau das hat Frieder Obstfeld mit seinem Orchester geschaffen. 
Durch die Musik wurde verloren gegangene Verbundenheit erneut zwischen den Menschen geknüpft, welche besonders unter den Einschränkungen der Pandemie litten leiden. 
Die Konzerte der Kammerphilharmonie Amadé in Berlin zu organisieren war für mich eine große Freude und der Glanz in den Augen der Senioren das größte Geschenk. 
(Alexandra Schilling, Bürgerstiftung Berlin)

 

Musik zu den Menschen | 2020 wurde ermöglicht durch die freundliche Unterstützung der Damus-Donata Stiftung, Stiftung Van-Meeteren und Berthold-Leibinger Stiftung. 
Dafür danken wir ihnen und unserem Kooperationspartner, der Bürgerstiftung Berlin, und allen mitwirkenden Einrichtungen und ihren Mitarbeiter*innen! 

Fotos: © Simon Detel